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Wahlgeheimnis – darf man zeigen, wen man wählt?

Gestern wurde Angela Merkel zum vierten Mal zur Bundeskanzlerin gewählt. Für Schlagzeilen sorgten dabei unter anderem die Abgeordneten Petr Baystron (AFD) und Jürgen Hardt (CDU), weil sie jeweils Bilder auf Twitter veröffenticht hatten:
20180315 Bystron

20180315 Hardt

Bystron musste daraufhin ein Ordnungsgeld in Höhe von 1.000 € zahlen. Hardt nichts. Natürlich sahen einige AFD-Fanboys hier wieder eine Ungleichbehandlung. Denn beide hätten ja öffentlich gemacht, wen sie jeweils (nicht) wählen.

Dabei gibt es einen Unterschied: Hardt hat das nur behauptet, Baystron hat einen Beweis geliefert.

Wahlgeheimnis

Natürlich kann man jetzt sagen, beide hätten gegen den Grundsatz der geheimen Wahl verstoßen, schließlich machen sie ja ihre Wahl öffentlich. Gleichzeitig kann man die Meinung vertreten, das sei ja Ordnung, schließlich wurde keiner der beiden dazu gezwungen.

Sinn der Wahlgeheimnisses ist es, den einzelnen Wähler vor äußerem Druck zu schützen. Man soll seine Stimme abgeben können, ohne mit Nachteilen rechnen zu müssen, weil man in den Augen eines anderen „falsch“ gewählt hat. Man könnte sagen, es ist gerade Sinn der Wahlgeheimnisses, dass man öffentlich behaupten kann eine bestimmte Wahl getroffen zu haben und tatsächlich anders abzustimmen. Somit schützt das Wahlgeheimnis davor, dass das Zustandekommen des Wahlergebnisses, also das Abstimmungsverhalten des Einzelnen rekunstruiert werden kann.

Freiwilligkeit?

Um dieses Ziel zu erreichen, ist es wichtig, dass niemand sein Abstimmungsverhalten nachprüfbar veröffentlicht – so wie es Petr Bystron getan hat. Anders ist das bei Hardt. Ob er wirklich für Angela Merkel gestimmt hat, weiß nur er selbst. Angela Merkel hat gestern lediglich 364 Stimmen erhalten, obwohl die GroKo-Parteien zusammen 399 Stimmen hätten. Mindestens 35 haben also nicht für Merkel gestimmt. Hardt könnte einer davon sein. Man weiß es nicht und das ist gut so.

Ob die Veröffentlichung freiwillig erfolgt oder nicht, ist völlig irrelevant. Denn das Wahlgeheimnnis kann nur funktionieren, wenn niemand seine Wahl öffentlich macht. Denn je mehr „freiwillig“ ihre Wahl veröffentlichen, desto leichter werden Rückschlüsse auf die anderen möglich.

Wie wichtig das Wahgeheimnis ist, zeigt die Diskussion in der GroKo nach Bekanntwerden des Ergebnisses. Die Parteien stritten darüber, aus welchem Lager die Abweichler wohl stammen. Wäre die Wahl nachprüfbar, würden die Betreffenden jetzt entweder nicht mit Glückwünschen der Parteinführung überhäuft oder hätten erst gar nicht so abgestimmt.

Wie ist das bei der Betriebsratswahl?

Der Grundsatz der geheimen Wahl gilt bei der Betriebsratswahl (§ 14 I BetrVG). In kleinen Betrieben stellt sich aber immer das Problem, dass einzelne Kandidaten ihre Wähler schon im vorhinein mobilisieren und mit einer einigermaßen konkreten Stimmenzahl rechnen. Wenn es dann nur um 20 Stimmen geht, sind Rückschlüsse realtiv schnell möglich. Umso wichtiger ist es hier, dass das Wahlgeheimnis gewahrt wird.

Anfechtung der Betriebsratswahl bei zu wenig Stimmen?

Bei den letzten Betriebsratswahlen war ich Zaungast bei einem Verfahren wegen Anfechtung der Betriebsratswahl. Es handelte sich um einen Betrieb mit knapp über 50 Arbeitnehmern. Ein Kandidat war knapp nicht in den Betriebsrat gewählt worden. Er scheiterte tatsächlich an einer Stimme. Nun passte dieses Ergebnis nicht zu seinen Berechnungen. Er befragte die Kollegen, die ihm zugesagt hatten, ihn zu wählen. Tatsächlich versicherten alle, die Stimme für ihn abgegeben zu haben. Damit blieb für den Kandidaten nur ein logischer Schluss: die Stimmen mussten manipuliert worden sein.

Er focht die Wahl an. Dabei legte er eidesstattliche Versicherungen all seiner „Wähler“ vor, in welchesn sie behaupteten, die Stimme für ihn abgegeben zu haben. In der Güteverhandlung äußerte der Richter leise Bedenken bezüglich des Wahlgeheimnisses. Zu einer Entscheidung kam es letztlich leider nicht, weil der Antrag zurückgenommen wurde.

Antrag wäre erfolglos gewesen

Wäre der Antrag nicht zurückgenommen worden, hätte er meines Erachtens abgewiesen werden müssen. Der Richter hatte damit Recht, dass ein Vergleich der Stimmzettel mit den eidesstattlichen Versicherungen der vermeintlichen Wähler gegen das Wahlgeheimins verstoßen würde. Der Kandidat hätte einen vermeintlichen Wahlbetrug anderes beweisen müssen.

Sinn des Wahlgeheimnisses

Denn letztlich ist es gerade Sinn des Wahlgeheimnisses, seine Stimme demjenigen/derjenigen geben zu können, von der/dem man glaubt, dass sie/er am besten geeignet ist, ohne irgendeine Art von Druck oder gar Sanktionen befürchten zu müssen. Dadurch, dass die Wahl nicht zurückverfolgt werden kann, kann man problemlos seinen Freunden/Kollegen/Wählern gegenüber behaupten, eine bestimmte Wahl getroffen zu haben. Ob es stimmt oder nicht, kann und darf nicht geprüft werden.

 

Tweet-Quellen:
twitter.com/PetrBystronAfD/status/973834724295823361
twitter.com/juergenhardt/status/973833762520944642

Mindestlohn bei Arbeit in Teilzeit?

Ein Kollege erzählte mir letztens von einer Mandantin, die wegen einer Frage zum Mindestlohn zu ihm kam. Sie arbeitet als Metzgereifachverkäuferin in Teilzeit. Die Metzgerei befindet sich in einer ländlichen Gegend. Der Arbeitgeber zahlt ihr 8,06 € pro Stunde. Der Mindestlohn liegt zwar bei 8,84 €, aber der Arbeitgeber vertritt die Auffassung, da es sich nur um eine Teilzeitbeschäftigung handle, gelte der Mindestlohn nicht.

Der Arbeitgeber hat zwar damit Recht, dass das Mindestlohngesetz Ausnahmen vorsieht. Die Beschäftigung eines Mitarbeiters in Teilzeit ist aber keine davon. Die Ausnahmen vom Mindestlohn sind in § 22 MiLoG aufgezählt:

  • Praktikanten im Rahmen vom Studium oder Ausbildung
  • Kinder und Jugendliche
  • ehrenamtlich Tätige und Auszubildende
  • Langzeitarbeitslose in den ersten sechs Monaten

Die Arbeitnehmerin wird also keine Probleme haben, ihren Mindestlohnanspruch durchtzusetzen.

Passierschein A38

So schlimm wie bei Asterix war er zum Glück nicht. Aber ich komme mir doch etwas auf den Arm genommen vor.

Ich habe heute bei einer Behörde angerufen, weil ich, trotz Fristsetzung, keine Antwort auf mein Schreiben erhalten hatte. Bevor ich den Weg über eine Einstweilige Anordnung wähle, wollte ichs über den persönlichen Kontakt versuchen.
Die freundliche Dame teilte mir mit, der zuständige Sachbearbeiter befände sich in einer Besprechung. Aber ab 16 Uhr sei er wieder erreichbar. Also rief ich um 16:05 Uhr nochmal an. Nur um mir von einer Bandansage anzuhören, dass ich außerhalb der Geschäftszeiten anrufe und daher kein Mitarbeiter mehr erreichbar sei.

Mag sein, dass es sich um ein Missverständnis gehandelt hat (oder dem Faschingstreiben geschuldet war?). Trotzdem war ich im ersten Moment etwas, sagen wir, irritiert. Aber ich bin ja nicht nachtragend, deshalb versuche ich es morgen einfach nochmal. Ansonsten gehe ich eben doch den Weg über die Einstweilige.

Einer muss es doch gewesen sein!

Mein Mandant war als Verkäufer in einem kleinen Geschäft tätig. Neben ihm und dem Chef, gab es noch zwei weitere Angestellte. Nach der Inventur behauptete der Chef, dass Ware im Wert von insgesamt 3000,- € „verschwunden“ sei. Da er aber nicht wusste, welcher der Angestellten dafür verantwortlich war, kürzte er jedem Mitarbeiter den Lohn im Folgemonat um 1000,- €.

Mein Mandant wollte sich das nicht bieten lassen. Auf meine außergerichtliche Zahlungsaufforderung reagierte der Arbeitgeber nicht, also mussten wir vor Gericht gehen.

Im Gütetermin war sich der Arbeitgeber, der ohne Anwalt erschien, keiner Schuld bewusst. Denn schließlich sei ihm ja Ware abhanden gekommen, wofür einer der Mitarbeiter verantwortlich sein musste. Und da nicht herauszufinden sei, wer genau, sei es nur gerecht, wenn der Schaden durch drei geteilt würde.

Meine Frage danach, ob es sonst arbeitsrechtliche Konsequenzen für einen der Mitarbeiter gab, schließlich warf er ihnen ja faktisch Diebstahl vor, verneinte der Arbeitgeber. Er wisse, dass die Frau meines Mandanten schwanger sei, daher sah er von einer Abmahnung ab. Weshalb die anderen Mitarbeiter nicht abgemahnt wurden, konnte er nicht beantworten. Auch konnte er nicht konkret benennen, welche Ware genau gefehlt haben soll, geschweige denn, wann sie abhanaden gekommen sein soll. Auf die die Frage danach, ob er nicht auch selbst für den vermeintlichen Schaden verantwortlich sein könnte, schwieg er nur.

Ein relativ deutlicher Hinweis des Richters führte dann zu einem überaus günstigen Vergleich für meinen Mandanten. Ob die beiden anderen Mitarbeiter sich den zu Unrecht einbehaltenen Lohn ebenfalls wiedergeholt haben, weiß ich leider nicht.

Der Mandant hat diese Stelle übrigens kurz nach dem Vorfall gekündigt und sich einen anderen Arbeitgeber gesucht.

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